Neurochirurgie Karlsruhe
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Supinatortunnelsyndrom

Geschichtliches: Der N. radialis, früher auch „Nervus humerospiralis“ genannt, geläufig war bis ca. Wohl als Erster operierte 1956 der britische Chirurg Maudsley zufällig erfolgreich ein Supinatortunnelsyndrom, als er bei der Freilegung des N. radialis vor dem Ellengelenk und Weiterverfolgen nach distal die obere Schicht des M. supinator auf der gesamten Länge spaltete, den N. interosseus posterior dadurch dekomprimierte und der Patient hernach schmerzfrei war und blieb. Er nannte dieses Krankheitsbild anatomisch nicht exakt, aber begrifflich griffig „Radial Tunnel Syndrome“ (Roles & Maudsley 1972). Die amerikanischen Orthopäden Kopell & Thompson hatten 1958 den anatomischen Verlauf des N. radialis ellengelenksnah präzise beschrieben, erkannten auch den Zusammenhang zwischen der schmerzhaften Reizung des R. superficialis n. radialis und der Tendovaginosis de Quervain sowie den Zusammenhang einer Epicondylopathia humeri radialis („Tennisellenbogen“) und einem Supinatorsyndroms (Kopell & Thompson 1963). Der deutsche Terminus  „Supinatorkanalsyndrom“ stammt wohl von Mumenthaler (Mumenthaler  Schlick 1965). Jüngere Arbeiten schlagen vor, den Terminus "Radial Tunnel Syndrom" solchen Patienten vorzubehalten, die eine objektivierbares neurologischers Defizit aufweisen (gemeint: Handextensotrenschwäche) und den Ausdruck "Supinatortunnelksyndrom" den algetischen Formen zuzuordnen, da Maudsley den Ausdruck Radial Tunnels Syndrom nur aus Gründen der Analogie (Karpaltunnelsyndrom) wählte (Rosenbaum 1999). Auf Grund fehlender elektrophysiologischer Auffälligkeiten in einem Drittel der untersuchten Patienten wurde bereits früher Ähnliches vorgeschlagen: Posterior Interosseous Syndrom für solche Patienten, bei denen elektrophysiologsche Abnormalitäten gemessen werden konnten (66%) und den Terminus "Supinatortunnelsyndrom" für die rein algetischen Formen, also ohne objektivierbare elektrophysiologische Auffälligkeiten (Carfi & Ma 1985).

Anatomische Untersuchungen: In klassischer Weise teilt sich der N. interosseus posterior nach gängiger Lehrmeinung jenseits des Supinatortunnels. In einer interessanten Untersuchung an 20 Leichen bzw. 20 spontanabortierten Feten wurden in letzgenannter Gruppe drei Aufzweigungsmuster gefunden: am Eingang des Supinatortunnels in 5% der Fälle, im Tunnels selbst in 10% der Fälle und bei 85% am Ausgang des Supinatortunnels (Normalfall), wobei sich ein analoges Verhalten beider oberer Extremitäten zeigte. Demgegenüber fanden sich bei Erwachsenenleichenextremitäten in 10% eine Gabelung innerhalb des Supinatortunnels bzw. in 90% der Normalfall einer Gabelung am distalen Ende des Supinatortunnels (Tatar et al. 2009). Demgegnüber etwas differenzierte Befunde wurden einer aktuellen Arbeit beschrieben (Tubbs et al. 2013). Die Unterschiede zu den Egebnissen von Tatar et al. (2009) fanden sich im Gabelungsverhalten des NIP im Supinatortunnel selbst. Nach eigener Erfahrung von insgesamten über 1600 Patienten mit Supinatortunnelsyndrom entsprechen eher die Ergebnisse von Tatar dem Normalfall. In der eigenen Serie fand sich zudem bei zwei Patienten mit drei operierten Supinatortuunnelssyndromen ein rein extramuskulärer Verlauf des NIP, der einen einem Fallzu einer kompletten Durchtrennung des NIP führte (klinisches Bild: Fallhand und Fallfinger), deren sofortige mikrochirurgische Rekonstruktion zu einer vollständigen Restitution nach sechs Wochen führte. In einem ähnlich gelagerten Fall eines Patienten mit vollständig durchtrenntem NIP, bei dem die Rekonstruktion erst verzögert vorgenommen werden konnte, dauerte die Restitution denmgegenüber 3 Monate.

Beschwerden: Lokale Schmerzen oberhalb oder streckseitige Armschmerzen ausgehend vom  Supinatortunnel, früher auch unsinnigerweise „Tennisarm“ genannt (die meisten davon Betroffenen haben nie Tennis gespielt). Die streckseitigen Schmerzen ziehen entlang der Armstreckseite  nicht selten bis zur HWS, manchmal auch bis zum Hinterkopf ausstrahlend. Manchmal auch (allerdings stets geringere) Druckschmerzen im Bereich des Ansatzes des langen und kurzen Handstreckermuskels am Epicondylus humeri radialis (s.o.). Wegen der Schmerzen, nicht wegen Kraftlosigkeit, fallen den Patienten nicht selten Gegenstände aus der Hand.

DD: Epicondylopathia humeri radialis (Runge 1873 (zit. Pfandl et al. 1992) bzw. „Tennisellenbogen“ (Morris 1882, zit. Pfandl et al. 1992), C7-Wurzelradikulopathie oder -reizung.

Bildgebung: Auf Grund eigener Erfahrung ist die Suche nach bildmorphologischen Auffälligkeiten in der MRT des N. interosseus posterior (NIP) oder der von ihm nerval versorgten Muskulatur oft unergiebig, da die platte Morphometrie des Nerven keine zuverlässige Darstellung gestattet. Als sinnvoller hat sich aus eigener Erfahruzng erwiesen, den kaliberstarken N. radialis vor seiner Gabelung in seiner beiden Endäste in Höhe oder proximal des Ellengelenks aufzusuchen und nach distal zu verfolgen. Eine amerikanische Arbeitsgruppe fand bei Probanden (n=10) keinerlei Auffälligkeiten im Bereich des N. interosseus posterior bzw. des umgebenden Weichteilgewebes, wohl aber bei Patienten (n=25) mit der klinischen Verdachtsdiagnose eines "Radialtunnelsyndroms".  Hier wurde bei über der Hälfte der untersuchten Patienten die klassischen bildmorphologischen MR-Veränderungen gefunden (Ödeme und Atrophie der vom NIP innervierten Muskulatur (Extensoren und M. supinator), in vier Fällen fanden sich keine Auffälligketen und in zwei Patienten konnte eine EHR gezeigt werden (Ferdinand et al. 2006).

Operative Therapie: Spaltung der oberen Schicht des M. supinator und somit Dekompression des N. interosseus posterior. Falls vorhanden auch Spaltung der proximal gelegenen Frohse-Arkade (benannt nach dem Berliner Anatomen und Waldeyer-Schüler Fritz Frohse (1871-1916) http://en.wikipedia.org/wiki/Arcade_of_Frohse ); nur ca. ein Drittel der Patienten weisen im Übrigen eine solche Frohse-Arkade auf) am bzw. der Aponeurose (Leash of Henry) am distalen Ende des Supinatortunnels. Bei schwierigen anatomischen Verhältnissen im Supinatortunnel reicht auch eine nur größtenteils durchgeführte Spaltung der oberen Supinatorschicht aus, um eine Beschwerdefreiheit bei dem Patienten herbeizuführen. 

http://www.wheelessonline.com/ortho/posterior_interosseous_nerve_compression_syndrome

http://books.google.de/books?id=pm0KxpElVPkC&pg=PA619&lpg=PA619&dq=leash +of+henry&source=bl&ots=rXnHALEBF1&sig=a3_Ur8yhoClqWjJsqsSozp87VRY&hl=de&sa=X&ei=icLnUM37Oc_HtAaeioE4&ved=0CIwBEOgBMA0#v=onepage&q=leash%20of%20henry&f=false

Cheiralgia paraesthetica

Geschichtliches: In Analogie zur Meralgia paraesthetica nannte Wartenberg 1932 Schmerzen im distalen Unterarm, die durch eine Verletzung des R. superficialis n. radialis hervorgerufen werden, Cheiralgia paraesthetica (Wartenberg R (1932). Cheiralgia paraesthetica (isolierte Neuritis des ramus superficialis nervi radialis).

Beschwerden: Schmerzen ca. 8-10 Zentimeter proximal der Tabatière, oft begleitet von Kribbelparaesthesien und Hypästhesie distal des Locus dolendi. Besonders Handextension sowie –flexion werden als äußerst schmerzhaft empfunden.

DD: Supinatortunnelsyndrom, Tendovaginosis stenosans de Quervain (Finkelstein-Test), Sehnenganglion des M. brachioradialis.

Bildgebung: Zur Darstellung des R. superfcialis ist keine bildgebende Methode geeignet, zum Ausschluß anderer pathologischen Substrate als Auslöser dieses Krankheitsbildes eignet sich die MRT. Diese sollte durchgeführt werden, falls sich auf Grund des Untersuchungsbefundes ein entsprechender Verdacht ergibt (z.B. Sehnenganglion etc.). Die CT eignet sich nicht als bildgebende Primärmodalität.

Ursache: Durch eine Faszie oder hervorgerufene Kompression des R. superficialis n. radialis im Bereich seiner Passage unterhalb der Sehne des M. brachioradialis (z.B. durch zu fest angelegte Uhren bei schlanken Patienten). Konsekutives Auftreten eines Supinatortunnelsyndroms (meist zuerst), einer Tendovaginosis de Quervain sowie einer Cheiralgia paraesthetica kann vorkommen. Oftmals auch als Folge einer chirurgischen Verletzung des Ramus superficialis bei Spaltung des ersten Strecksehenfaches bei der Tendovaginosis de Quervain in Unkenntnis des Verlaufs des Nerven hier.

Operative Therapie: Bei reiner Kompression des R. superficialis nervi radialis im Bereich seiner Passage unterhalb der Sehne des M. brachioradialis reicht die reine Entlastung des Nerven aus. Sollten ein Supinatorlogensyndrom, eine T.v. de Quervain und eine Cheiralgia paraesthetica parallel vorliegen, auf jeden Fall sequentielles Operieren und zuerst Beseitigung der proximalsten Pathologie (Supinatortunnelsyndrom). Problematisch  ist eine Revisionsoperation nach chirurgischer Verletzung des Nerven bei OP einer T.v. de Quervain. Oftmals wird zu lange gewartet. Bei rascher Intervention kann in mikrochirurgischer  Technik eine End-zu-End-Anastomose vorgenommen werden. Bei zu langem Warten (6 Wochen z.B. sind nicht selten), sollte ebenfalls in mikrochirurgischer Technik eine Revisionsoperation erfolgen. Da der Nerv bereits in Höhe der Tabatière gegabelt ist, kann man nur so den verletzten Ast sauber darstellen. Oftmals ist eine Denervierung des Nervenstumpfes sinnvoll, da Patienten à la longue eine Anästhesie als weniger störend empfinden als die Dysästhesie bzw. die kausalgiformen Schmerzen nach der Verletzung durch die unvermeidbaren kleinen Stumpfneurome an der Verletzungsstelle.

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